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Schütz, Erhard
1946 geboren, ist Literaturwissenschaftler und Literaturkritiker. Von 1989 bis 1996 war er Erik-Reger-Stiftungsprofessor für Neuere Deutsche Literatur und Direktor des Instituts für Kommunikationsgeschichte und angewandte Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin, von 1996 bis 2011 Professor für Neuere deutsche Literatur am Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin. Zahlreiche Veröffentlichungen, zuletzt (hg. mit Elena Agazzi): Handbuch Nachkriegskultur. Literatur, Sachbuch und Film in Deutschland (1945–1962), Berlin 2013. Im Verlag für Berlin-Brandenburg hat er herausgegeben: den Kollektivroman Die verschlossene Tür von Gabriele Tergit, Alfred Döblin u. a. (2015) und Wir können warten oder Der Roman Ullstein von Stefan Großmann (2014).

Deutschland von unten

Reise durch die proletarische Provinz

„Deutschland von unten neu lesen heißt, die Augen nicht zu verschließen davor, dass es Parallelwelten gibt, die nicht in den Hochglanzmagazinen abgelichtet werden und die nicht Thema sind in den zahlreichen Politik-Talkshows. Wer Deutschland von unten liest, wird hoffentlich dafür sensibilisiert zu erkennen, dass es, entgegen dem schönen Schein, auch bei uns immer mehr Fälle von sozialer Not und sogar Verelendung gibt.“ (Günter Wallraff) Kurt Tucholsky nannte es ein „lehrreiches Buch“; für Axel Eggebrecht war es „ein furchtbarer Reiseführer durch das Elend“ und Georg Schwarz attestierte dem Autor, „ein grauenhaftes Bild vom Zerfall unserer Kultur“ gezeichnet zu haben. Wie kam ein baltischer Adliger dazu, einen solchen Text zu verfassen? Alexander Graf Stenbock-Fermor (1902–1972) hatte nach Ende des Ersten Weltkrieges in den Reihen der Baltischen Landeswehr gegen die Bolschewiki gekämpft, ging dann zum Studium nach Deutschland und lernte als Werkstudent Bergarbeiter im Ruhrgebiet kennen. Nach 1933 im Widerstand gegen den Nationalsozialis-mus, wurde er nach Kriegsende von der Roten Armee als Oberbürgermeister von Neustrelitz eingesetzt. 1947 Cheflektor des Verlages Volk und Welt in Ost-Berlin, arbeitete er später als Drehbuchautor für die DEFA. In der 1931 erstmals erschienen Reportage Deutschland von unten schildert Stenbock-Fermor in sachlichem Ton die katastrophalen Lebensbedingungen am Rande der Gesellschaft. Angesichts heutiger Armutsberichte ein frappierend aktueller Bericht.

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Die verschlossene Tür

Kriminalrat Koppens seltsamster Fall

Berlin in den frühen Dreißigerjahren. Die elegante Jessika lässt sich nach einem Opernabend in ihre Grunewald-Villa chauffieren. Zu dumm, dass sie heute allein zu Hause ist – aber halt, an der Garderobe sieht sie die Pelzjacke ihrer besten Freundin Marjorie. Jessika ist erleichtert. Doch dann macht sie eine grauenvolle Entdeckung. Gemeinsam mit Frank Arnau, damals höchst populärer Krimiautor, wagte der Herausgeber der Literarischen Welt Willy Haas ein Experiment: Acht renommierte Autoren schrieben in Fortsetzungen einen Kriminalroman. Drei aus dem „Team“ – Alfred Döblin, Gabriele Tergit und Richard Huelsenbeck – sind noch heute bekannt, die anderen – Manfred Hausmann, Erich Ebermayer, Edlef Köppen, Kurt Heuser und Frank Arnau selbst – nur noch Connaisseuren ein Begriff. Gedacht als PR-Aktion, um in der Ferienzeit die Leser der Literarischen Welt bei Laune zu halten, wurde der Roman von einem Preisausschreiben flankiert – erster Preis: eine Reise nach Moskau und Leningrad. Von Juni bis August 1932 erschien Woche für Woche eine Fortsetzung der Geschichte im Blatt. Ein Verlauf der Handlung war nicht vorgegeben, jeder der Autoren erhielt die Stücke der anderen zur Kenntnis, er hatte den Faden aufzunehmen und das Stück fortzuspinnen. Heraus kam ein absurdes Neben- und Durcheinander von Schauplätzen, immer neuen Wendungen und Handlungssträngen – heute ein umso gelungeneres Lesevergnügen! Erhard Schütz rekonstruiert im Nachwort die Hintergründe, wie es zu diesem Kollektivroman kam, und ordnet ihn ein in das Zusammenspiel von Presse und Literatur, das kurz vor dem Machtantritt der Nationalsozialisten einen letzten Höhepunkt hatte.

14,99 €*
Zwischen Trümmern und Träumen

Feuilletonistische Streiflichter Berlins von 1945 bis 1953

Als junge Kulturredakteurin nahm Dorothee Dovifat von 1945 bis 1953 am Wiedererwachen der Künste, Kultur und Wissenschaften engagierten Anteil. Getragen von Glaubenszuversicht, hat sie den Alltag Berlins, das Leben der „kleinen Leute“, ebenso behutsam und wohlwollend porträtiert wie die erneuerten christlichen Feiertage. Vor allem aber begleitete sie mit Optimismus und Begeisterung bedeutende Künstler und Gelehrte. Die Auswahl ihrer Feuilletons – unter anderem ein Gespräch mit Walter Gropius, Artikel über Martin Niemöller, Elisabeth Langgässer, Paul Claudel, Werner Bergengruen und Ernst Wiechert sowie Besprechungen von Neuerscheinungen Thomas Manns und T. S. Eliots – bietet ein Kaleidoskop des Neubeginns in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Geschrieben zunächst für die von der Sowjetischen Militäradministration lizenzierte CDU-Tageszeitung Neue Zeit und die Ost-Berliner Zeitschrift Die Frau von heute, dann – nach der Gleichschaltung der CDU in der Sowjetischen Besatzungszone – für Der Tag, die Zeitung des Ostbüros der CDU, illustrieren ihre Texte die sich vollziehende Teilung der Stadt und ganz Deutschlands. So sind die Artikel Dorothee Dovifats auch ein Fundus zum Fühlen und Denken, zu den Hoffnungen und Enttäuschungen in jener Zeit. Bemerkenswert ist aus heutiger Sicht, welchen Spielraum eine christliche und liberal-konservative Publizistik zumindest in der unmittelbaren Nachkriegszeit noch hatte, bevor die Tageszeitungen in der SBZ an die ideologische Kandare genommen wurden.

19,99 €*
/ Wir können warten oder Der Roman Ullstein

Berlin in den späten Zwanzigerjahren. Im Pressekonzern Kronstein teilen sich sechs Brüder die Verlagsleitung. Mit Argwohn beobachten seine Brüder, wie Friedrich, der politische Kopf des Verlages, seinen Machtbereich auszudehnen versucht. Zudem trifft Friedrich Vorbereitungen, die junge und ambitionierte Journalistin Dr. Evelyn Goldscheider zu heiraten. Chefredakteur Klotz fürchtet, dass er ausgebootet werden soll und setzt das Gerücht in die Welt, Evelyn Goldscheider habe in Paris als Doppelagentin spioniert und einen lasterhaften Lebensstil gepflegt. Die Brüder versuchen mit Klotz’ Hilfe, Friedrich aus dem Verlag zu drängen. Es kommt zum Bruderkrieg. Dabei geht es um die Begleichung offener Rechnungen und widerstreitende Pläne, wie das Haus Kronstein durch die wirtschaftliche und politische Krise gesteuert werden kann. Statt gegen Rechtsradikalismus und konservative Demokratiefeindschaft Stellung zu beziehen, lavieren die Kronsteins und suchen sich dem „Volksgeschmack“ anzupassen, um Leser und Inserenten zu halten – allein dies hilft ihnen letzten Endes nicht. Wir können warten ist ein spannendes Zeitdokument, das die Situation der Presse von den Krisenjahren der Weimarer Republik bis in die Zeit nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten reflektiert. Der Roman zeigt den Konflikt von Gewinn und Gewissen, aber auch Illusionen und Hoffnungen, die 1933 zerstört wurden.

22,99 €*